Opfergabe an die kosmische Allmacht

Furiose Darbietung des Dvorak-Requiems versetzt Publikum in sakrale Ergriffenheit

Vilsbiburg. Es schien, als hielte das Publikum den Atem an: gebannt und überwältigt von der magischen Aura eines gewaltigen Klangkörpers. Mit Peter Röckl als Dirigenten erweckten die Chorgemeinschaft Vilsbiburg, der Landshuter Konzertchor und das Sinfonieorchester Landshut unter Mitwirkung von vier professionellen Vokal-Solisten Antonin Dvoraks Totenmesse auf grandiose Weise zum Leben.

Die berühmte Stecknadel - man hätte sie fallen hören können am Samstagabend unter den 400 Zuhörern in der Hauptschulaula. In sakraler Ergriffenheit verfiel das Publikum dem Sog der musikalischen Dramatik und dem überwältigenden Klangkörper von Sängern und Musikern. Antonin Dvorak komponierte mit seinem Requiem Opus 89 eine spätromantische Gratwanderung in die emotionalen Grenzbereiche des Menschseins. Wahrlich eine Meisterleistung des Komponisten. Unter seiner Leitung erfolgte im Jahr 1891 die Uraufführung im Rahmen des Musikfestivals in Birmingham mit überwältigendem Erfolg. Unter Peter Röckl formierten sich der stimmgewaltige Chor, das geniale Orchester und die hervorragenden Solisten in ihrer Präzision zu einer atemberaubenden Gesamtheit.

In Unauflöslichkeit verwoben und umgeben vom Äther einer mächtigen Transparenz: Eine vollendete Opfergabe der Sänger und Musiker an die kosmische Allmacht. „König schrecklicher Gewalten, frei ist deiner Gnade schalten: Gnadenquell lass Gnade walten!“ Das Publikum ließ sich bannen von der opulenten Vertonung dramatischer Effekte: Die Celli als unheilvolle Drohgebärden der menschlichen Apokalypse. In zehrender Drangsal erzitternd vor den allgegenwärtigen Urängsten, ein kosmisches Spektakel genialer sinfonischer Inspirationen. Die gesamte Darbietung fußt auf der Materialisierung tiefster Gefühle.

Voller Pein und Drangsal erstarrt in Schuld und Sühne – „Tag der Rache, Tag der Sünden“. Und aufkeimend in sanftem Geigenwind ein Hauch von Erwartung, Trost und Hoffnung. Mit den Solisten Miriam Kaltenbrunner (Sopran), Theresa Blank (Alt), Reto Raphael Rosin (Tenor) und Peter Tilch (Bass) fügten sich renommierte und routinierte Gesangsprofis auf exzellente Weise in die Gesamtheit der Harmonie. Ein tief ergriffenes Publikum, gefangen vom grandiosen Zusammenwirken der musikalischen Dramaturgie und der virtuosen Harmonie der Klangresonanzen. Die Partituren der dramatisch-musikalischen Höhepunkte versinnbildlichen ein Wandern zwischen den Welten von tiefster Verzweiflung mit all ihrem Wehklagen und der immerwährenden Hoffnung auf Erlösung – in meditativer Melancholie erstarrend im Streben nach Demut und tiefer Gottergebenheit.

Eindringliche Bittgesänge des Chors mit seiner stimmgewaltigen Brillanz erflehen die Labung der dürstenden Seelen durch die kosmischen Urmächte. Jetzt und für alle Zeit bereit, sich in den Strudel unendlicher Gnade zu ergeben. Wo nichts mehr trübt, wo nichts mehr zählt, nur die immer währende Hoffnung auf ewige Erlösung.

(Irmgard Rampp in der Vilsbiburger Zeitung)

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